Donnerstag in Wacken. Nach den verregneten Auftakttagen beginnt das Gelände sich langsam zu fangen. Der Himmel bleibt wolkenverhangen, doch die Bedingungen verbessern sich spürbar. Die wichtigste Nachricht: Alle Bühnen sind wieder in Betrieb – und das Line-up des Tages liefert entsprechend ab. Unser Fotograf war von morgens bis spät in die Nacht unterwegs, zwischen Crowdsurfern, Riffs und Matsch, und hat das Festival nicht nur am Rand, sondern direkt vor den Boxentürmen dokumentiert. Hier kommt unser Rückblick auf einen Tag voller Kontraste, Energie und elf unterschiedlichen Handschriften.

Prong – Louder Stage

Prong eröffnen unseren Tag auf der Louder Stage mit maximalem Nachdruck. Das Trio aus New York liefert ein kompaktes, konzentriertes Set, bei dem der Fokus klar auf den Riffs liegt. Frontmann Tommy Victor führt routiniert durch Klassiker wie „Beg to Differ“ oder „Snap Your Fingers, Snap Your Neck“ – Songs, die live noch immer die gleiche Durchschlagskraft entfalten wie vor drei Jahrzehnten. Kein großes Drumherum, keine Showeffekte – einfach kompromissloser Groove-Metal auf den Punkt gespielt. Der erste klare Weckruf des Tages.

Hyla – WET Stage

Hyla stehen für das, was der Metal Battle immer wieder hervorbringt: Eigenständige Bands mit Mut zur Tiefe. Als Gewinner des niederländischen Vorentscheids bringen sie einen Sound auf die Bühne, der sich nicht einordnen lässt – und genau das ist ihr Vorteil. Zwischen Sludge, Post-Metal und düsterem Doom entstehen dichte Klanglandschaften, die sich langsam aufbauen, sich verlieren und dann umso entschlossener zurückkehren. Keine leichte Kost, aber eine eindrucksvolle Präsenz – und für viele im Publikum eine echte Entdeckung.

Coppelius – Wackinger Stage

Was bei anderen seltsam wirken würde, funktioniert bei Coppelius seit Jahren: Kammerinstrumente, viktorianische Anzüge, abgründiger Humor – und mittendrin Metal. Die Band bringt ihre eigene Welt mit nach Wacken und wird dafür gefeiert. Die Wackinger Stage verwandelt sich für eine Stunde in ein kurioses Musiktheater zwischen Dada und Wahnsinn. Cello, Klarinette und Pauke klingen dabei nicht nach Konzept, sondern nach Überzeugung. Skurril, laut und live immer ein Erlebnis.

Ugly Kid Joe – Louder Stage

Ein seltener Gast in Europa – und bei Ugly Kid Joe merkt man sofort, wie sehr die Band diese Rückkehr genießt. Whitfield Crane ist stimmlich auf der Höhe, das Set voller vertrauter Songs: „Cats in the Cradle“, „Everything About You“, „Neighbor“. Doch auch abseits der Hits bleibt die Show spielfreudig und direkt. Ein gut gealterter Rockabend mit augenzwinkerndem Charme, zwischen Westcoast-Feeling und Grunge-Erinnerung.

BAP – Faster Stage

Dass BAP nach Wacken eingeladen wurden, sorgte im Vorfeld für Diskussionen – auf dem Gelände allerdings für offene Ohren. Wolfgang Niedecken singt auf Kölsch, erzählt Geschichten zwischen Melancholie, Widerstand und Erinnerungen. Der Sound ist erdig, die Band eingespielt, das Publikum erstaunlich textsicher. Spätestens bei „Verdamp lang her“ wird deutlich: Auch leise Töne finden hier ihren Platz, wenn sie ehrlich sind.

Nightmare – Wasteland Stage

Nightmare liefern französischen Power Metal in Reinkultur. Schnelle Riffs, hymnische Refrains, zweistimmige Gitarren – alles sitzt. Sängerin Barbara Mogore bringt stimmliche Kraft und Präsenz auf die Bühne, die Band agiert routiniert und mit klarem Stilbewusstsein. Die Wasteland Stage zeigt sich gut gefüllt – und der Applaus spricht für sich.

Clawfinger – Louder Stage

Clawfinger lassen es krachen. Die Schweden gehören seit den 90ern zu den unbequemeren Stimmen der Szene – und das merkt man ihrem Auftritt auf der Louder Stage auch heute noch an. Songs wie „The Truth“, „Do What I Say“ oder „Nigger“ treffen direkt – inhaltlich und musikalisch. Zach Tell bleibt ein rastloser Frontmann, der klare Worte findet. Die Band liefert ein druckvolles, geradliniges Set ohne Weichzeichner – genauso, wie man sie kennt und braucht.

Michael Schenker – Faster Stage

Mit Michael Schenker betritt am Abend eine Gitarrenlegende die Faster Stage – und richtet sein gesamtes Set unter dem Titel „My Years with UFO“ aus. Damit konzentriert er sich auf die Jahre, in denen er mit UFO Musikgeschichte schrieb. Songs wie „Rock Bottom“, „Only You Can Rock Me“ oder „Lights Out“ entfalten auch heute noch eine besondere Atmosphäre. Schenker spielt präzise, kontrolliert, ohne Effekthascherei – ein Meister, der seinem Ton vertraut. Für viele ist dieser Auftritt einer der Höhepunkte des Tages.

Static-X – Louder Stage

Dunkelheit liegt über dem Gelände, als Static-X die Louder Stage betreten. Mit ihnen kehrt auch ein gutes Stück Industrial- und Nu-Metal-Geschichte zurück. Xer0 übernimmt das Erbe von Wayne Static – optisch wie stimmlich – und führt durch ein Set voller treibender Maschinenrhythmen und krachender Riffs. „Push It“ sorgt für Bewegung in den ersten Reihen, auch neuere Tracks werden stark angenommen. Die Show ist durchdacht, energiegeladen und visuell auf den Punkt.

Mystopera – Wackinger Stage

Der Abschluss des Tages bildete für uns auf der Wackinger Stage gehört Mystopera, die sich zwischen Symphonic Metal, klassischem Gesang und orchestralen Arrangements bewegen. Ihre Songs leben vom Wechselspiel aus opulenter Klangfülle und dramatischer Inszenierung. Sängerin und Band wirken souverän, das Publikum nimmt den Sound mit offenem Ohr auf. Ein ungewöhnlicher Ausklang – aber einer, der hängen bleibt.

Impressionen vom Gelände

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Konzert- und Festivalnews aus der ersten Reihe

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